Sommerkonzerte 2024

Verwandtschaften

Samstag, 22. Juni, 20.00 Uhr, ref. Kirche Wald

Sonntag, 23. Juni, 20.00 Uhr, ref. Kirche Rüti

 

Lea und Selina Frei, Violinen

Orchesterverein Rüti

Leitung: David Schwarb

 

Heinrich Ignaz Franz Biber: Serenade a 5 «Nachtwächterlied»

Antonio Vivaldi: Konzert für 2 Violinen und Streicher g-Moll RV 517

Wolfgang Amadeus Mozart: Divertimento für Streicher F-Dur KV 138

Philip Glass: Echorus für 2 Violinen und Streichorchester

Oscar Straus: Serenade für Streichorchester g-Moll op. 35

 

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Zwillinge und andere Verwandtschaften

 

Über Geschwister in der Musikgeschichte könnte man ein dickes Buch schreiben. Die Bach-Söhne müssten darin vorkommen und die Haydn-Brüder, Wolferl und Nannerl Mozart ebenso wie Felix und Fanny Mendelssohn. Wären auch Zwillinge mit dabei? Man müsste sie mit der Lupe suchen. Schon gar eineiige Zwillinge, die beide das gleiche Instrument spielen. Es gibt sie, gewiss. Weltruhm erspielt haben sich etwa die türkischen Pianistinnen Güher und Süher Pekinel. Es ist aber ein seltenes Vergnügen, ein solches Zwillingspaar im Konzert zu erleben. Umso mehr freut sich der Orchesterverein Rüti, dass er in seinen Sommerkonzerten zwei Werke mit dem Rütner Geigen-Duo Lea und Selina Frei aufführen darf.

 

Dass Musik von Antonio Vivaldi auf diesem Programm steht, versteht sich fast von selbst. Sein Oeuvre ist für ein Geigenduo eine riesige Fundgrube: Vivaldi hat Doppelkonzerte für zwei Violinen im Dutzend geschrieben – fast alle in Venedig für seine Schülerinnen im «Ospedale della Pietà», dem berühmten Waisenhaus. Ob ein Zwillingspaar unter den Schülerinnen gewesen sein mag? Immer neu hat Vivaldi in diesen Doppelkonzerten virtuose Geigenkunst mit Klangspielerei und eingängiger Melodik verbunden. Aus einer ganz anderen Klangwelt stammt das Stück «Echorus» des us-amerikanischen Minimal Music-Pioniers Philip Glass. Es hat die Form einer Chaconne, in der ein Motiv sich ständig wiederholt und in Variationen umspielt wird. Die zwei Solostimmen spiegeln sich hier so ineinander, als würden sich Zwillinge in die Augen schauen. Glass hat das Stück 1995 aber nicht für ein Zwillingspaar geschrieben, sondern für Yehudi Menuhin und seine Schülerin Edna Michell.

 

 

Eine andere, eine musikalische Verwandtschaft verbindet die drei Werke, die um diese Zwillingsstücke gruppiert sind. Sie repräsentieren drei Generationen einer Familie: Jener der österreichischen Serenade. Alle drei Werke weisen die typischen Familienmerkmale auf: Es sind heitere Werke, die zur gehobenen Unterhaltung bestimmt sind. Die älteste Generation ist vertreten durch den Salzburger Barockmeister Heinrich Ignaz Franz Biber. Seine Nachtwächter-Serenade aus den 1670er Jahren kommt noch in Suitenform daher, wobei der zentrale Satz, die Ciacona, mit der Überraschung aufwartet, die dem Stück den Untertitel gegeben hat. 100 Jahre später hat Wolfgang Amadeus Mozart – ebenfalls in Salzburg – sein F-Dur-Divertimento KV 138 geschrieben. Der Geniestreich des 16jährigen Komponisten besticht im ersten Satz durch handwerkliche Meisterschaft, im zweiten durch musikalische Tiefe und im dritten durch Schalk. Nochmals ein gutes Jahrhundert später hat der Wiener Operettenkomponist Oscar Straus seine Serenade op. 35 geschrieben. Es ist ein Werk, das in der Tradition der romantischen Streicherserenade Klangsinnlichkeit und Kunstfertigkeit unter einen Hut bringt. Übrigens: Der Komponist hiess eigentlich Strauss, änderte aber seinen Namen, um Verwechslungen mit der berühmten Walzer-Familie zu vermeiden – die im Buch über die Musik-Geschwister natürlich auch nicht fehlen dürfte…